Ökologische Technologie
Ökologische Technologie (oder Ökotechnologie) bedeutet die Einbettung jeglicher Technologie in die Biosphäre durch Nutzung der gesamten Breite der Biodiversität und in einer ganzheitlichen, gering invasiven Weise mit dem Ziel, die menschlichen Wohlfahrt unter Beachtung ökologischer Prinzipien zu erhöhen.
Erläuterungen:
- Einbettung: Einschluss der Technosphäre in das dynamische Gleichgewicht der Ökosphäre, ohne dieses irreversibel zu stören. Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen. Schließen der Stoffkreisläufe in der Produktion und Herstellung von biologisch abbaubaren Stoffen. Verwertung von unvermeidlichen Abprodukten in den natürlichen Zyklen nach Maßgabe der Assimilationskapazität der Ökosphäre.
- Biodiversität: Alle bekannten und noch unbekannten Spezies (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, Zellen und Zellbestandteile) einschließlich genetisch manipulierter Organismen, sofern sie Punkt 4 erfüllen.
- holistisch, ganzheitlich, eco-zentrisch (ggs. zu anthropozentrisch), d.h. Technologie hat die Gebiete direkt und unmittelbar mit einzubeziehen, die bisher vernachlässigt wurden (Integration von Abfallbehandlung und Assimilationskapazität der Ökosphäre in natürlichen Zyklen in die Prozessentwicklung, Berücksichtigung lokaler Aspekte der Rohstoffbereitstellung und der sozialen Bedingungen). Nur die Anwendung ökologischer und technologischer Prinzipien gemeinsam führt zu einer nachhaltigen Entwicklung.
- Invasiveness: Kriterium zur Unterscheidung zwischen harten und sanften Technologien. Harte Technologien führen zu einem nicht tolerierbaren Risiko einer irreversiblen Störung des empfindlichen dynamischen Gleichgewichts der Umweltzyklen.
- Ökoprinzipien (Ökologische Prinzipien, Eco-Principles):
Grundlegende Prinzipien (Gesetze, Heuristiken, Regeln) für die Gestaltung von Produktions- und Dienstleistungsprozessen. Sie stammen aus der Beobachtung der Natur (Design-Prinzipien der Natur bei der Schaffung der vorhandenen Gleichgewichtszyklen) oder aus rationalen technologischen Überlegungen zu vernünftiger Umgangsweise unter nachhaltigen Zielen stammen.Ökoprinzipien und ihre Konsequenzen für Technologien:
Ökoprinzip 1: Einbetten der Technosphäre in die Ökosphäre
- Schließen von Stoffkreisläufen auf ökologisch kleinstmöglichem Weg
- Stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen
- Erhaltung von natürlich gegebenen Strukturen statt Zerstörung und Neusynthese
- Energetische Nutzung der Solarenergie
- Produktion von bioabbaubaren Produkten
- Rezyklierung nicht abbaubarer Abprodukte (wie Mineralien)
Ökoprinzip 2: Nutzung des Potentials der Biosphäre in biozentrischer Weise, Schutz der Biodiversität
- Untersuchung von Umwelteffekten aller Innovationen bereits im Forschungs- und Entwicklungsstadium
- Nutzung, Pflege und Entwicklung der Assimilationskapazität der Biosphäre (Null-Emissionen sind keine unabdingbare Forderung)
- Nutzung der Humanressourcen aller Menschen auf sozial gerechte Weise (ungeachtet Alter, Geschlecht, Rasse, Nation)
Ökoprinzip 3: Think long term and globally, act now and locally
- Produktion zuerst für die Erfüllung der lokalen Bedürfnisse und Bedingungen (Rohstoffe, Arbeit, gewachsene Sozialstrukturen)
- Entwicklung von dezentralen Produktionen
- Ökologisches Produktmanagement, green design
- Nutzung der lokalen Bioressourcen
Ökoprinzip 4: Sicherung höchster Effektivität durch Optimierung
- Minimierung von Stoff- und Energieflüssen
- Intensivierung von Prozessen
- Einsatz von Biotechnologien anstelle von Chemieproduktion
- Forschung steuern und Forschungsaufwand senken
- Durchgängige gleichberechtigte Bearbeitung in allen Prozessstufen gewährleisten
Stand der Anwendung ökologischer Prinzipien:
Die Realisierung einer ökologischen Technologie stößt sowohl auf grundsätzliche Probleme wie auf Widerstände durch die gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen. Sie muss durch vielfältige Forschungsaktivitäten vorangetrieben werden. Die Bearbeitungskapazität ist jedoch unterkritisch. Es mangelt an Beispielen von erfolgreichen Lösungen.
- Die Forderungen an eine ökologische Technologie stehen teilweise im Widerspruch zueinander. Eine komplexe Lösung ist anzustreben. Sie kann nur auf der Grundlage des Optimalitätsprinzips nach einer richtig gewählten Zielgröße gefunden werden. ;
- Die angestrebten Lösungen sind unter den obwaltenden ökonomischen Bedingungen nicht wirtschaftlich praktizierbar. Daher wird mehr auf dem Gebiet der End-of-the-pipe-Technologien zur Reparatur von eingetretenen Umweltbelastungen gearbeitet, statt Prozessinnovationen an Nachhaltigkeitsforderungen zu orientieren.
- Biotechnologien haben für eine Ökotechnologie große Einsatz-Potenzen. Sie weisen aber auch generelle Nachteile auf, die teils in der biologischen Natur liegen (niedrige Produktkonzentrationen, Instabilität des biologischen Materials), teils Probleme der noch mangelhaften Nutzung des Bioprinzips bei der Prozessgestaltung (biologische Produktreinigung statt chemischer Technologie) darstellen.
- Die Bearbeitungskapazität ist unterkritisch. Es fehlt an Beispielvorhaben für Alternativtechnologien.
Zur Überwindung der Probleme sind
- Grundlagenarbeit im Grenzbereich von Technologie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zur Formulierung von Bewertungsgrößen zu leisten (zu Punkt 1),
- Hier sind Vorgaben für die notwendigen Veränderungen der Rahmenbedingungen abzuleiten und Alternativen mit Demonstrationscharakter zu erarbeiten (zu Punkt 2),
- Forschungs- und Technologie-Entwicklungsziele zu determinieren (zu Punkt 3),
- Themenrelevante Bearbeitungskapazitäten in den vorhandenen Einrichtungen zu bündeln und zu vernetzen, die nationale und internationale Kooperation zu verstärken sowie die eigenständige Nachhaltigkeitsforschung auszubauen (zu Punkt 4).