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Abfall- und Recyclingwirtschaft
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt die international anerkannte Grundlage für die Umweltpolitik dar. Als Hauptforderung im Bereich der Produktion ist formuliert, daß alle Produktionsprozesse als Teil der Biosphäre zu betrachten und hinsichtlich ihrer Einordnung in eine dauerhaft zukunftsfähige Entwicklung zu optimieren sind. Es wird deutlich, daß der gegenwärtige Stand der massenhaften Umwandlung wertvoller Ressourcen in nicht nutzbaren Abfall und dessen Verteilung in der Umwelt kein Ausdruck nachhaltigen Wirtschaftens ist. Es ist daher notwendig, die Abfallwirtschaft als Teil der (offensichtlich noch unvollkommenen) Kreislaufwirtschaft zu betrachten und entsprechend weiterzuentwickeln.
Die Entwicklungsgrundsätze für eine nachhaltige Abfallwirtschaft sind dabei direkt aus den von der Enquete-Kommission des deutschen Bundestages (1998) formulierten Grundregeln für eine nachhaltige Entwicklung abzuleiten.
Grundregel 1:
Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll ihre Regenerationsrate nicht überschreiten.Für eine nachhaltige Abfallwirtschaft lassen sich daraus unmittelbar zwei Forderungen ableiten:
- Die Abfallwirtschaft hat nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten und ihres Stoffinventares an der Bereitstellung erneuerbarer Ressourcen mitzuwirken, d.h. den dort vorhandenen Anteil energetisch oder stofflich zu verwerten. Im Restabfall stellt die organische Fraktion die erneuerbare Ressource dar. Da eine alleinige stoffliche Verwertung der organischen Restabfallfraktion (z.B. durch Kompostierung) aufgrund der gegebenen Schadstoffbelastungen derzeitig nicht möglich ist, folgt für die Restabfallbehandlung, daß die organische Fraktion einer energetischen Verwertung zugeführt werden sollte. Dafür bieten sich zum Beispiel die direkte Verbrennung, die Erzeugung und Verwertung von Trockenstabilaten und die Verwertung von Biogas aus der Deponie oder aus Vergärungsanlagen an. Unter nachhaltigen Gesichtspunkten ist dabei dem Verfahren der Vorzug zu gegeben, das den erneuerbaren Anteil (überwiegend das biogene C) am effektivsten und mit den geringsten Umweltbelastungen nutzt.
- Im Hinblick auf das ökologische Potential stellen auch Flächen eine erneuerbare Ressource dar. Für die Abfallentsorgung in Anspruch genommene Flächen sollen zumindest mittelfristig in allen Funktionen erhalten bleiben. Das gebietet einen möglichst geringen Flächenverbrauch für die Ablagerung des Abfalls und die Erhaltung der Multifunktionalität der Flächen. Dies bedeutet, daß z. B. die Einbautechnik die Anforderungen an eine spätere Nutzung des Deponiekörpers bereits mitberücksichtigt. Die Ablagerungsflächen sind insgesamt so klein wie möglich zu halten und in der Gestaltung an die umgebende Landschaft anzupassen.
Grundregel 2:
Nichterneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder höherer Produktivität der erneuerbaren sowie der nichterneuerbaren Ressourcen geschaffen wird.Daraus folgt für eine nachhaltige Abfallwirtschaft:
- Die nachhaltige Nutzung nichterneuerbarer Ressourcen fordert die Schaffung von Stoffkreisläufen, z. B. durch die zunehmende Verwertung rückführbarer Stoffe des Restabfalls. In der Vergangenheit ist eine Rückführung in den Produktionskreislauf oft daran gescheitert, daß Restabfallprodukte erzeugt wurden, die nicht marktfähig waren, weil sie infolge fehlender Input-, Prozeß- und Produktkontrollen unzureichende, dazu auch stark schwankende Qualitäten aufwiesen. Wenn in Zukunft nicht nur die Methoden des Resourcenmanagements, sondern auch die des Qualitätsmanagements in der Restabfallbehandlung Anwendung finden, könnte sich die zu entsorgende Restabfallmenge stark reduzieren.
- Weiterhin trägt die Abfallwirtschaft durch den Verbrauch fossiler Energieträger für die Energieversorgung der Behandlung und der Entsorgung von Restabfällen zu einer Erschöpfung der nicht erneuerbaren Ressourcen bei.
Daraus ergeben sich folgende Forderungen:
- Minimierung des Einsatzes fossiler Ressourcen bei der Restabfallbehandlung und -deponierung durch Minderung der zu entsorgenden Abfallmengen, durch die Nutzung erneuerbarer Energieträger und durch eine energetische Effizienzsteigerung. Stellvertretend für eine Vielzahl möglicher Einzelmaßnahmen seien hierzu die Nutzung von Solarenergie und die prozeßinterne Verwertung von Abwärme genannt.
- Schaffung von mittel- und langfristigen Stoffkreisläufen durch eine weitgehende stoffliche und energetische Verwertung der Restabfallfraktionen. Häufig ist aus ökologischen Gründen eine stoffliche Verwertung vorzuziehen, da hierdurch der Lebenszyklus verlängert wird (Entschleunigung des Verbrauchs von Rohstoffen) und eine energetische Verwertung auch im Anschluß an die stoffliche Verwertung noch möglich ist. Generell kann die Frage nach stofflicher oder energetischer Verwertung sowie nach kleinräumiger oder weiträumiger Schließung der Stoffkreisläufe nur im Einzelfall unter Bezugnahme auf aus den Nachhaltigkeitskriterien abgeleiteten ökologischen Prioritäten abgeleitet werden.
- Stoffe, die umweltverträglich energetisch und/oder stofflich verwertbar sind, sollen anstelle einer Beseitigung in die Stoffwirtschaft zurückgeführt werden.
Grundregel 3:
Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Umwelt orientieren, wobei alle Funktionen zu berücksichtigen sind.Für eine nachhaltige Abfallwirtschaft lassen sich aus dieser Grundregel folgende Forderungen ableiten:
- Die maximal zulässigen Stoffausträge aus der Abfallverwertung/-entsorgung in die Umwelt dürfen nur zu unwesentlichen Zusatzbelastungen führen. Das heißt, daß der Schadstoffeintrag die Aufnahmekapazität und die Regenerierbarkeit des jeweiligen Ökosystems nicht überschreiten darf. Diesem Nachhaltigkeitsgebot wird sicherlich Genüge getan, wenn sich die Stoffausträge innerhalb der Schwankungsbreite natürlicher, geogener Flüsse bewegen. Allerdings ist zumindest kurz- und mittelfristig dieser hohe Anspruch in der Regel nicht erfüllbar. Bei unvermeidbaren zusätzlichen Belastungen sind daher ökologische Leitindikatoren und Kontrollparameter zu identifizieren, deren Einhaltung den Bestand des betreffenden Ökosystems sichert. Diese müssen sich sowohl auf die menschliche Gesundheit als auch auf das jeweilige Ökosystem beziehen. Hinsichtlich der menschlichen Gesundheit ist von allen technischen Systemen zumindest die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und hinsichtlich des Umweltschutzes die Gewährleistung des Standes des Technik zu fordern. Daraus ist abzuleiten, daß eine neue Abfallverwertungsanlage mindestens die Emissionsstandards bestehender Anlagen erfüllen muß.
- Als Maß und Kontrollgröße für den Schutz des Ökosystems dient die Biodiversität, die in ihrer Vielfalt und Gesamtheit nicht beeinträchtigt werden darf. Die Grenzwerte für dementsprechende Kontrollgrößen wie Algen-, Daphnien- und Bakterienluminiszenstests sind z. B. von Deponiesickerwässern sicher und auch über lange Zeiträume prognostierbar einzuhalten.
Grundregel 4:
Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt muß im ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß der für das Reaktions- und Assimilationsvermögen der Umwelt relevanten natürlichen Prozesse stehen.Das Reaktionsvermögen der Umwelt ist durch die natürliche Assimilations- und Adaptionsfähigkeit begrenzt. Von daher sind niedrigschwellige, kontinuierliche Emissionen impulsartigen Emissionen mit hohen Konzentrationen vorzuziehen. Besteht die Möglichkeit, zwischen mehreren Standorten zu wählen, sind die Standorte zu präferieren, die sich hinsichtlich ihrer Assimilationsfähigkeit und ihres Reaktionsvermögens besser für die Bewältigung der mit der Abfallentsorgung unvermeidlichen Belastungen eignen. Ebenso ist eine zeitliche Entkopplung von Abfallanfall und -beseitigung/verwertung vorteilhaft, weil nur dann eine kontrollierte Vergleichmäßigung der mit der Entsorgung verbundenen Belastungen möglich ist. Auch ermöglicht eine solche Entkopplung die Entsorgung bzw. Behandlung zu besonders günstigen bzw. die Vermeidung zu besonders ungünstigen Zeiten.
Für eine nachhaltige Restabfallbehandlung folgt daraus:
- Die mit der Entsorgung und Deponierung verbundenen Emissionen sollen niedrigschwellig, langfristig prognostizier- und kontrollierbar sein. Die Vorbehandlung und Deponierung müssen so ausgestaltet sein, daß impulsartige Freisetzungen mit hohen Frachten zumindest kurz- und mittelfristig nicht zu erwarten sind.
- Die Abfallentsorgung ist so auszugestalten, daß eine zeitliche Entkopplung von Abfallanfall und -behandlung und von der Abfallbeseitigung/-verwertung möglich ist.
Die Abfälle oder daraus erstellten Ablagerungs- bzw. Verwertungsprodukte sollen gut transportabel sein.Projekte
Die Umsetzung vorstehender Prinzipien wurde in folgenden Projekten untersucht bzw. erprobt:
- Zuarbeiten zum BMBF-geförderten Verbundvorhaben "Mechanisch-biologische Behandlung von zu deponierenden Abfällen"
[--> Kurzinfo (65 kB)]
- Detailuntersuchungen zur Schadstoffbelastung von Abfall-Feinfraktionen
- Modellierung biologischer Abbauprozesse in der MBA
[--> Download (136 kB)]- Ökologische Optimierung von Abfallbehandlungtechnologien
[--> Download (140 kB)]- Studie: Abbauverhalten ausgewählter Schadstoffe in Althölzern
[--> Download (121 kB)]- Untersuchungen zur Kompostierbarkeit von paraffinbeschichteten Verpackungsmaterialien
[--> Download (86 kB)]- Verfahrensentwicklung zur Kopplung von Kompostierung und Gewächshausproduktion
[--> Details] [--> Kurzinfo (50 kB)]- Immissions- und emissionsseitige Belastungspotentiale der Kompostierung, Studie für das Land Brandenburg
- Entwicklung eines umweltbezogenen Qualitätssicherungssystems für die Kompostierung (Teilprojekt der Bundesgütegemeinschaft Kompost)
- Untersuchungen zu abproduktfreien Bioprozessen der Abfallwirtschaft
- Improvement of the economical and ecological situation of agricultural farms in Chile by application
- Thermodynamischer Prozeß Stabilisierung/Trocknung zur Ertüchtigung der MBRA Wiewärthe des Zweckverbands Abfallwirtschaft
Saale-Orla- Reaktionstechnische und thermodynamische Bewertung der Biologischen Trocknung von Shredder-Leichtfraktionen
- Einführung von Recycling-Technologien für Siedlungs- und Gewerbeabfälle in Südafrika
- Workshop Kompostierung und MBA, Pretoria /Südafrika, 17.-19.05.2004
- Empfehlungen zur Umsetzung der TA Luft in der Mietenkompostierung im Land Brandenburg (in Zusammenarbeit mit dem Verband der Humus- und Erdenwirtschaft Berlin-Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt
- Konzept für die Untersuchung von Optionen für die Behandlung des Restabfalls aus dem Landkreis Ebersberg
- Konzept für die ökologische Bewertung des MBA-Stoffstromkonzepts von Umweltschutz Nord/BIODEGMA einschließlich der Verwertung der Organik-Feinfraktion
- Das Herhof-Trockenstabilatverfahren als Element einer nachhaltigen Abfallwirtschaft Potentiale eines kreislauforientierten Behandlungsverfahrens für Restabfälle
[--> Download (unter www.Herhof.de)]- Untersuchung der Festigkeits- und Abbau-Eigenschaften von Kompostzubereitungen für Recycelt-Formkörper auf Basis von Kompostfraktionen (Teilleistungen im Rahmen einer Wirtschaftsprojektes)
Weitere Publikationen:*
- Resourcenmanagement durch mechanisch-biologische Abfallbehandlung (Beitrag 04.2002)
[--> Download (78 kB)]- Von der Abfall- zur Rohstoff- und Energiewirtschaft: Umsetzung der Ziele Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourceneffizienz in der MBA-Technologie (Beitrag zum 4. Wetzlarer Abfalltag, 27.09.01)
[--> Download (250 kB)]
- Mechanisch-biologische Abfallbehandlung : Technologien, Ablagerungsverhalten und Bewertung
Gesamtdarstellung der wissenschaftlichen Ergebnisse des Verbundvorhabens "Mechanisch-biologische Behandlung von zu deponierenden Abfällen"
Berlin: Erich-Schmidt-Verlag, 2001 (294 Seiten, 46,80 EUR)
[--> Details] [--> bestellen]- Ergebnisse des BMBF-Verbundvorhabens mechanisch-biologische Abfallbehandlung.
In: Hösel, Bilitewski, Schenkel, Schnurer (Hrsg.): Müll-Handbuch, Bd.5, Tz.5613.
Erich Schmidt Verlag, Berlin. — Loseblattsammlung; Lieferung 4/01- Potenziale der ländlichen Restabfallentsorgung
(Beitrag zu Heft 9 der Brandenburgischen Umwelt-Berichte)
[-->Download (49 kB)]- Errichtung und Betrieb von MBA-Anlagen nach den Anforderungen des BImSchG.
- Vortrag Grüne Woche Berlin, 2004
- Aspekte der Bewertung der mechanisch-biologischen AbfallbehandlungIn: Calendula, Heft 2, 2003
- Umsetzung der 30. BImSchV in modernen MBA. In: Beiträge SIDAF Freiberg, Heft 12, 2002.
[-->Download (217 kB)]- Ökotechnologie - Umsetzung von Forderungen der Nachhaltigkeit in Produktionsprozessen. Ringvorlesung, Potsdam 08.06.2004
- Abfall, Energie und Klima. Wege und Konzepte für eine integrierte Ressourcennutzung. Erich-Schmidt-Verlag, Berlin, 2004
- Material flux management by mechanical-biological pre-treatment of waste. Vortrag Bioperspectives 2004. Wiesbaden, 4.-6.5.2004.
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